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Buchtipps

In unregelmäßigen Abständen stellt der AK Lehramt hier Kurzkommentare zu Publikationen ein, die für laufende Diskussionen um Schule, Lehrer*innenbildung und Lernverhältnisse von Relevanz sein könnten. Oder auch solche, von denen wir denken, dass sie einen Klassiker-Status haben oder die zum Weiterdenken nicht eben uninteressante Lektüre bieten könnten.

 


Michael Hagner: Der Hauslehrer: Die Geschichte eines Kriminalfalls. Erziehung, Sexualität und Medien um 1900


Schwarze Pädagogik am Beispiel. Der Wissenschaftshistoriker Michael Hagner geht in diesem Buch einem Kriminalfall um einen Privatlehrer nach, der sich um 1900 ereignete, alsbald in den Medien seine Wellen schlug und verschiedene Diskussionen in Medizin, Pädagogik und Rechtswissenschaft nach sich zog. 

Es geht um den Jurastudenten Andreas Dippold, der – über reformpädagogische Ansätze der damaligen Zeit informiert – im Dienst einer Bankiersfamilie deren zwei Söhne in seine Obhut nimmt, mit diesen aufs Land zieht und sie körperlicher Ertüchtigung wie einem strammen Lehrplan unterzieht. Als sich wider Erwarten in den schulischen Leistungen der Jungen keine erheblichen Verbesserungen einstellen, zwingt er ihnen Geständnisse ab – über Diebstahl wie über ausufernde Onanie. Als Reaktion auf diese setzt Dippold körperliche Bestrafungen ein, die ein derartiges Ausmaß annehmen, dass einer der Jungen schließlich stirbt. Vor Gericht gestellt leugnet Dippold dieses Handeln keineswegs, sondern versucht es als pädagogischen Auftrag zu rechtfertigen, mit welchem den Jungen ihr ausuferndes Sexualverhalten hätte ausgetrieben werden sollen. Zwar gibt es diese wirksame Diskursspielmarke um die Austreibung der Onanie zu dieser Zeit, im konkreten Fall jedoch wendet sich die vermeintliche Berufung auf die Sexualität der beiden Zöglinge um und gegen Dippold selbst. Er wird im Verlauf der Auseinandersetzung mehr und mehr zum sadistischen Lehrer stilisiert. Aus dem Fall resultiert schließlich der terminus technicus zur Bezeichnung von Erziehersadismus: „Dippoldismus“.

Neben einer Rekonstruktion des Falls anhand einer detailreichen Sichtung des Aktenmaterials zeigt Hagner auch Brüche in Anthropologie- und Straftheorie auf, die um den Jahrhundertwechsel vorhanden sind und sich anhand der Wissenschafts- und Mediendiskussion dieses Falles aufarbeiten lassen. Der Autor ist hierbei durch Foucault informiert, macht zugleich aber anhand des Materials auf Grenzen dieses Instrumentariums aufmerksam. Anhand der Erzählung eines höchst spannenden Kriminalfalls referiert das Buch so zugleich Diskussionen um Pädagogik und stößt auf theoretisch höchst interessante Fragestellungen. Es ist 2010 erstmals erschienen und seit 2012 in einer Taschenbuchausgabe für 11,99 Euro im Suhrkamp-Verlag erhältlich.

 


Klaus Ahlheim / Johannes Schillo (Hrsg.): Politische Bildung zwischen Formierung und Aufklärung. 2012


Bundeswehr in der Schule, Beutelsbacher Konsens und andere Entwicklungen der Politischen Bildung. Habt ihr im Zusammenhang mit der Offensive der Bundeswehr in Schulen mitbekommen, wie sich auch Befürworter des Bundeswehreinsatzes auf den sog. Beutelsbacher Konsens (Überrumpelungsverbot der politischen Bildung) berufen? Findet ihr eine Aufarbeitung des Themas wichtig, aber seid die zunehmend seichten Diskussionen um den Beutelsbacher Konsens Leid? Dann empfehlen wir euch den im Offizin-Verlag von Klaus Ahlheim, Professor für politische Erwachsenenbildung, und Johannes Schillo, Redakteur des „Journal für politische Bildung, herausgegebenen Sammelband – und verweisen insbes. auf die darin gedruckten Aufsätze von Klaus Ahlheim, Dirk Lange und Manfred Pappenberger.


Um die Frage nach Anspruch und Ausgestaltung politischer Bildung geht es den im Buch versammelten Texten. Damit widmen sie sich einer Frage, die sich durch konkrete Entwicklungen aufdrängt: Der umstrittene Einsatz der Bundeswehr in Klassenzimmern wird von verschiedenen Akteuren ebenso diskutiert, wie Neujustierungen um den Beutelsbacher Konsens als Überrumpelungsverbot in der politischen Bildungen stattfinden. Mit Extremismusklauseln erlebt eine sozialtheoretisch überholte Begrifflichkeit ihre staatspolitische Renaissance. Gegenüber diesen problematischen Politiken erweist sich die theoretische Debatte als theoretisch naiv bis praktisch restaurativ. Wie an einigen Stellen aufgearbeitet wird, wurde der Anspruch, dass politische Bildung auch Ideologiekritik zu leisten habe, vielfach fallengelassen zugunsten einer bloß neutralen Darbietung verschiedener Blickweisen der unterschiedlichen Akteure des status quo. Die versammelten Aufsätze nehmen kritisch Stellung, beleuchten sowohl die Entwicklungen der Diskussion um eine politische Bildung wie den gegenwärtigen Roll-back und skizzieren exemplarisch Entwicklungen etwa um den Einsatz der Bundeswehr in der Schule, den Beutelsbacher Konsens oder die Extremismusklausel. Der Band ist 2012 im Offizin Verlag erschienen.